Auf dieser Seite wird beschrieben, was man unter der Zugkraftgleichung versteht und wie man die einzelnen Widerstände der Zugkraftgleichung, die sogenannten Fahrwiderstände, ermitteln kann. Dabei handelt es sich immer um spezifische Widerstände. Zudem sind hier einige Tabellen mit Beispielswerten zu finden.
Link zu Unterseite:
Da mein Zugkraftrechner ursprünglich nur für Eisenbahnen gedacht war, werden in allen Formeln die Begriffe Lok und Wagen verwendet. Die "Lok" kann man aber durch jedes beliebige Zugfahrzeug (zum Beispiel PKW, LKW, Traktor, Fahrrad, ... ) ersetzen. Mit der folgenden Formel wird die erforderliche Leistung P am Rad berechnet, wobei v die Geschwindigkeit in m/s und FZ die erforderliche Zugkraft bezeichnet:
P = FZ⋅v
Die gesamte Antriebsleistung des Fahrzeuges muss natürlich noch höher sein, da zum Beispiel Verluste des Getriebes und des Motors zu berücksichtigen sind!
Die Zugkraft eines Fahrzeuges berechnet man mit der sogenannten Zugkraftgleichung:
FZ: | Erforderliche Zugkraft in N |
v: | Momentane Geschwindigkeit in m/s |
mLok: | Masse der Lok bzw. des Zugfahrzeugs in kg |
mWagen: | Gesamtmasse aller angehängten Wagen in kg |
g: | Erdbeschleunigung in m/s² |
wR: | Rollwiderstand |
wL: | Luftwiderstand |
wS: | Steigungswiderstand |
wK: | Krümmungswiderstand für Schienenfahrzeuge |
wB: | Beschleunigungswiderstand |
Alle der hier angeführten Widerstände sind sogenannte spezifische Widerstände, die stets von der Masse der Fahrzeuge unabhängig sind.
Zudem gibt es noch weitere Widerstände wie den Weichenwiderstand (natürlich nur bei Schienenfahrzeugen), den Tunnelwiderstand und den Widerstand durch Seitenwind.
Wie man die einzelnen Fahrwiderstände berechnet, wird in den folgenden Abschnitten beschrieben:
Der spezifische Luftwiderstand berechnet sich mit folgender Formel:
wL: | spezifischer Luftwiderstand |
cw: | Luftwiderstandsbeiwert |
A: | Querschnittsfläche in m² |
ρ: | Dichte der Luft in kg/m³ |
v: | Relativgeschwindigkeit in m/s |
mLok: | Masse der Lok bzw. des Fahrzeugs in kg |
mWagen: | Gesamtmasse aller angehängten Wagen in kg |
g: | Erdbeschleunigung in m/s² |
Die Dichte der Luft hängt sowohl von der Temperatur als auch von der Seehöhe ab. Mit zunehmender Seehöhe und mit höheren Temperaturen nimmt die Luftdichte ab. Man kann Werte von 1.2 - 1.4 kg/m³ annehmen. Die Geschwindigkeit setzt sich aus der Fahrgeschwindigkeit plus dem Gegenwind (bzw. minus dem Rückenwind) zusammen.
Die folgenden Werte gelten bei einem Anströmwinkel von 0° und einer Normfläche von 10 m²:
Beispiel |
Luftwiderstandsbeiwert |
Lokomotive (mit Zug) | 0.3 - 0.5 |
Lok alleine, optimiert | 0.45 - 0.60 |
Lok alleine, normal | 0.8 - 1.0 |
1. Wagen | 0.15 - 0.20 |
Mittlere Wagen | 0.10 - 0.15 |
Endwagen | 0.25 - 0.30 |
Grundlage (Werte angepasst): www.ids.uni-hannover.de
Anhand der vorigen Tabelle kann man den Luftwiderstandsbeiwert eines Railjets mit Lok Taurus und 7 Wagen näherungsweise berechnen: cw = 0.3 + 0.20 + 5 * 0.12 + 0.25 = 1.35
Beispiele | Luftwiderstandsbeiwert |
Railjet (Lok Taurus und 7 Wagen) | ~1.35 * |
Cabriolet | 0.6 |
VW Käfer | 0.48 |
moderner PKW | 0.25 - 0.35 |
Bus | ~ 0.65 |
LKW | 0.5 - 0.7 |
LKW (Sattelzug) | 0.7 - 1 |
Mensch, stehend | 0.78 |
Flügel eines Flugzeugs | 0.08 |
Quelle: Wikipedia
* zuvor berechnet
Der Rollwiderstand ist abhängig von:
Die Formel für spezifischen Rollwiderstand lautet:
wR = Rollwiderstand ⋅ cos(α)
wR: | spezifischer Rollwiderstand |
Rollwiderstand: | effektiver Rollwiderstand |
α: | Steigungswinkel in ° |
Für kleine Winkel gilt, dass cos(α) ungefähr eins ist.
Beispiele |
Rollwiderstand |
Eisenbahn allgemein | 0.001 - 0.003 |
Personenwagen | 0.001 - 0.002 |
Lokomotive | ~ 0.0025 |
Güterzug | ~ 0.002 |
LKW auf Asphalt/Beton | 0.006 - 0.010 * |
PKW auf Asphalt/Beton | 0.010 - 0.02 * |
PKW auf Kopfsteinpflaster | 0.015 - 0.03 * |
Autoreifen auf losem Sand | 0.30 * |
* Quelle: Wikipedia
Der spezifische Steigungswiderstand berechnet sich wie folgt:
wS = sin(α) ≈ tan(α) (für kleine Winkel)
wS: | spezifischer Steigungswiderstand |
α: | Steigungswinkel [°] |
Für kleine Winkel (bis ungefähr 10 % bzw. 5.7°) kann statt dem Sinus auch der Tangens verwendet werden. Dann ist tan(α) gleich dem Höhenunterschied durch den zurückgelegten Weg in der Horizontalen. Wenn ein Fahrzeug bergab fährt, ist der Steigungswiderstand negativ in die Zugkraftgleichung einzusetzen!
Beispiele | wS |
Maximale Steigung in % |
Bemerkung |
Semmeringbahn | 0.028 | 2.8 | |
Arlbergbahn | 0.031 | 3.1 | |
Mittenwaldbahn | 0.038 | 3.8 | |
U-Bahn Wien | 0.04 | 4.0 * | |
Mühlkreisbahn | 0.046 | 4.6 | |
Straßenbahn Wien | 0.062 | 6.2 ** | laut Wiener Linien sogar 6.45 % |
Erzbergbahn | 0.071 | 7.1 | |
Pöstlingbergbahn | 0.115 | 11.6 | in Linz, Österreich |
Straßenbahn Lissabon | 0.134 | 13.5 | steilste Adhäsionsbahn der Welt |
Quelle Steigung: Wikipedia
* Quelle: Wiener Linien
** Quelle: Machbarkeitsstudie Straßenbahnlinie 13, Stadt Wien/TU Wien.
Beispiele | wS |
Maximale Steigung in % |
Bemerkung |
Schneebergbahn | 0.192 | 19.6 | |
Schafbergbahn | 0.247 | 25.5 | |
Zugspitzbahn | 0.243 | 25.0 | |
Pilatusbahn | 0.433 | 48.0 | steilste Zahnradbahn der Welt |
Beispiele | Steigungs-widerstand |
Maximale Steigung in % |
Bemerkung |
Großglockner-Hochalpenstraße | 0.119 | 12 | |
Turracher Höhe - nach Ausbau | 0.224 | 23 | |
Straße neben Markwardstiege (Wien) | ~ 0.3 | > 30 | steilste Straße Wiens |
Turracher Höhe - alte Trassierung | 0.305 | 32 | früher steilste Straße Europas |
Baldwin Street (Neuseeland) | 0.330 | 35 |
steilste Straße der Welt (bis 2019) |
Ffordd Pen Llech in Harlech (Wales) | 0.350 | 37.5 |
steilste Straße Europas und zugleich der ganzen Welt |
Quelle Steigung: Wikipedia
Der Beschleunigungswiderstand wird manchmal nicht zum Fahrwiderstand gezählt; es gilt in diesem Fall:
Gesamtwiderstand = Fahrwiderstände + Beschleunigungswiderstand
Den spezifischen Beschleunigungswiderstand berechnet man mit folgender Formel:
wB = a*β/g
wB: | spezifischer Beschleunigungswiderstand |
a: |
Beschleunigung des Zuges, kann auch negativ sein; in m/s² |
β: | Massenfaktor |
g: | Erdbeschleunigung in m/s² |
Passende Werte für die Beschleunigung a; für g setzt man 9.81 m/s² ein. Der Massenfaktor β berücksichtigt das Verhältnis von rotierenden Massen zu translatorisch bewegten Massen.
Beispiele | Massenfaktor |
Reisezug | 1.10 |
Lokomotiven | 1.15 - 1.30 |
ICE 3 | 1.04 |
Güterzug (leer) | 1.15 |
Güterzug (beladen) | 1.06 |
Kleinwagen (1. Gang) | ~ 1.3 * |
Kleinwagen (5. Gang) | ~ 1.05 * |
Quelle: www.ids.uni-hannover.de
* Quelle: THM
Bei Schienenfahrzeugen tritt insbesondere in engen Bögen ein nicht vernachlässigbarer Krümmungswiderstand (= Bogenwiderstand) auf. Je enger die Kurve, desto größer ist der Widerstand. Bei Bögen mit Radien über 1000 m kann dieser Widerstand allerdings vernachlässigt werden.
Beispiel:
Für die Semmeringbahn, die Bögen mit Radien von nur 190 m besitzt, kann man einen Wert von ~ 0.002 annehmen.
Es gibt zum Beispiel noch den zusätzlichen Widerstand durch Seitenwind (erhöhte Reibkräfte zwischen Radspurkranz und Schiene), den Tunnelwiderstand und den Weichenwiderstand.
Der Tunnelwiderstand ergibt sich aus dem Aufbau einer Druckwelle bzw. durch das Bewegen einer Luftsäule vor dem Fahrzeug. Dieser Widerstand hängt ab von der Rauigkeit der Tunnelwand, der Zug- bzw. Tunnellänge und dem Verhältnis von Fahrzeug- und Tunnelquerschnitt.
Der Weichenwiderstand wW ergibt sich durch Krümmungswechsel ohne Übergangsbögen, durch die Radlenker (Reibungsverluste) und durch das Herzstück (Verluste durch Stoß wegen Schienenlücke). Für diesen Widerstand kann man einen Wert von ~ 0.001 annehmen. Bei nicht verschweißten Schienen gibt es noch den Stoßwiderstand.
Quelle: www.ids.uni-hannover.de
Zuletzt geändert am 11.01.2021.